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Freitag, 19. Februar 2010
Geld oder Liebe?
nale, 18:39h
Geld regiert die Welt. Schon klar, das ist jetzt keine Information mit Nachrichtenwert. Aber bisher dachte ich, das würde speziell dort gelten, wo besonders viel Geld vorhanden ist, so in etwa unter dem zugespitzten Leitgedanken „Die Reichen können alles machen, weil sie es sich einfach leisten können“. Natürlich wird auch umgekehrt ein Schuh aus dem bekannten Sprichwort, obwohl ich es bislang eher mit Reichtum als mit Armut in Verbindung gebracht hatte.
Geld regiert also auch den Teil der Welt, in dem es sich rar macht. Ein Beispiel passend zu *leerstelle** ist die momentane Diskussion darüber, welche Summe als Einkommen für den durchschnittlichen Arbeitslosengeld-II-Empfänger angebracht ist, eine Diskussion die offensichtlich ganz Deutschland erfasst hat. Jeden Tag findet das Thema auf mindestens einer Titelseite der Presse statt. „Was ist viel, was wenig?“ schreit es einem entgegen, ergänzt wird diese Fragestellung besonders gern um das kleine Wörtchen „zu“.
Die Antwort liegt dabei meines Erachtens nach immer auch in der Perspektive. Klar, ich finde grundsätzlich erst einmal, dass, ein Arbeitnehmer mehr Geld im Portemonnaie haben sollte, als jemand, der keinen Job hat. In Einzelfällen – diese werden in den Medien gerade rauf- und runterzitiert – kann es durchaus umgekehrt sein. Beim Arbeitnehmer staut sich verständlicherweise Frust auf, wenn er merkt, dass sich das Arbeiten „nicht mehr lohnt“.
Die Ungerechtigkeit liegt indes nicht nur auf Seiten des verarmenden Arbeitnehmers, auch dem Arbeitslosen widerfährt sie, wenn die Berichterstattung pauschalisierend behauptet, alle Arbeitssuchenden seien faul. Der Spiegel fragt diese Woche provokativ: „Warum soll sich ein Arbeitslosengeld-II-Empfänger dem oft deprimierenden Bewerbungs- oder Qualifizierungsmarathon stellen, wenn er mit einem Vollzeitjob genauso viel oder nur wenig mehr Geld verdienen würde wie mit Hartz IV?“ Ich habe darauf eine ganz simple Antwort: Weil er arbeiten möchte! Weil (die meisten) Menschen eine Aufgabe brauchen, um glücklich und erfüllt zu sein und nicht herumzudeprimieren!
Auf meiner Suche nach der beruflichen Erfüllung stelle ich mir die elementare Frage nach Geld oder Liebe. Soll ich mir lieber eine Stelle suchen, bei der ich mehr verdiene und die Tätigkeit weniger liebe oder umgekehrt? Oder kann man Geld und Liebe haben? Und habe ich überhaupt die Wahl? Geld oder Liebe, das ist auch die Frage, wenn man den ersten Job längst gefunden hat. Denn auch im Traumberuf gilt es von Zeit zu Zeit sicher Anfragen zu bearbeiten, mit denen man sich persönlich nicht identifizieren kann.
Aber kommen wir noch einmal zum lieben Geld. Ist der Arbeitslose darauf angewiesen – betrügt er also nicht – so ist er für die staatliche Sicherung seines Lebensunterhalts auf jeden Fall dankbar und versucht, so gut es geht, seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen. Aber im Gegensatz zum existierenden Vorurteil, ist die Hartz-IV-Antragstellung definitiv kein Spaziergang. Diese Problematik möchte ich gern an drei Beispielen verdeutlichen:
Wer ernsthaft Arbeit sucht, fühlt sich aus sich selbst heraus relativ bald nicht mehr wirklich gebraucht. Mit diesem mulmigen Gefühl erledigt der Jobsuchende seine „Behördengänge“, wobei sich im Büro des einen oder anderen Sachbearbeiters eine unangenehme Bittsteller-Machthaber-Atmosphäre aufbauen kann. Frei nach dem Motto „Ich kann alles, du bist nichts!“.
Zudem kann der vorwurfsvolle Tenor eines jeden Briefes dem Arbeitslosen an schlechten Tagen einen Kloß in den Hals oder sogar die Wut in den Bauch treiben (dabei hatte man sich fest vorgenommen, dass man da darübersteht).
Ein drittes Beispiel, das aufzeigt, wie sehr man manchmal in seiner Würde als Mensch ignoriert wird, ist die sogenannte Hotline. Hier rufe ich an, weil ich meine Sachbearbeiterin dringend sprechen möchte. Das Anliegen bringe ich dafür einem mir unbekannten Call-Center-Mitarbeiter vor (dessen Stimmlage geschult ist, um bei Bedarf Folgendes in den Telefonhörer zu transportieren: „Sie sind gesellschaftlicher Abfall“), um dann später von der oder dem (freundlichen!) Zuständigen zurückgerufen zu werden (was dem geknickten Ego für den Rest des Tages leider nicht mehr auf die Sprünge zu verhelfen vermag). In grauem Sarkasmus denke ich: Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn man direkt miteinander kommunizieren könnte...!
Selbst wenn ich hoffe und oft gesagt bekomme, dass ich mit den Vorwürfen und Anklagen aus Politik, Wirtschaft und Medien nicht gemeint bin, fühle ich mich manchmal wie die schmutzige Schaumkrone auf der Welle der Hartz-IV-Diskussion. Ich möchte mich nicht beschweren, denn es gibt wichtigere Themen und sehr viel größere Ungerechtigkeiten auf der Welt. Aber werben möchte ich, FÜR mich selbst und all die anderen, die mit Enthusiasmus beim „Bewerbungsmarathon“ antreten und GEGEN das Missverständnis, dass es keine arbeitswilligen Hartz-IV-Empfänger gibt. Ganz bald möchte ich laut ausrufen können „Arge, es ist aus – mein neuer Job gibt mir jetzt Geld und Liebe!“
Geld regiert also auch den Teil der Welt, in dem es sich rar macht. Ein Beispiel passend zu *leerstelle** ist die momentane Diskussion darüber, welche Summe als Einkommen für den durchschnittlichen Arbeitslosengeld-II-Empfänger angebracht ist, eine Diskussion die offensichtlich ganz Deutschland erfasst hat. Jeden Tag findet das Thema auf mindestens einer Titelseite der Presse statt. „Was ist viel, was wenig?“ schreit es einem entgegen, ergänzt wird diese Fragestellung besonders gern um das kleine Wörtchen „zu“.
Die Antwort liegt dabei meines Erachtens nach immer auch in der Perspektive. Klar, ich finde grundsätzlich erst einmal, dass, ein Arbeitnehmer mehr Geld im Portemonnaie haben sollte, als jemand, der keinen Job hat. In Einzelfällen – diese werden in den Medien gerade rauf- und runterzitiert – kann es durchaus umgekehrt sein. Beim Arbeitnehmer staut sich verständlicherweise Frust auf, wenn er merkt, dass sich das Arbeiten „nicht mehr lohnt“.
Die Ungerechtigkeit liegt indes nicht nur auf Seiten des verarmenden Arbeitnehmers, auch dem Arbeitslosen widerfährt sie, wenn die Berichterstattung pauschalisierend behauptet, alle Arbeitssuchenden seien faul. Der Spiegel fragt diese Woche provokativ: „Warum soll sich ein Arbeitslosengeld-II-Empfänger dem oft deprimierenden Bewerbungs- oder Qualifizierungsmarathon stellen, wenn er mit einem Vollzeitjob genauso viel oder nur wenig mehr Geld verdienen würde wie mit Hartz IV?“ Ich habe darauf eine ganz simple Antwort: Weil er arbeiten möchte! Weil (die meisten) Menschen eine Aufgabe brauchen, um glücklich und erfüllt zu sein und nicht herumzudeprimieren!
Auf meiner Suche nach der beruflichen Erfüllung stelle ich mir die elementare Frage nach Geld oder Liebe. Soll ich mir lieber eine Stelle suchen, bei der ich mehr verdiene und die Tätigkeit weniger liebe oder umgekehrt? Oder kann man Geld und Liebe haben? Und habe ich überhaupt die Wahl? Geld oder Liebe, das ist auch die Frage, wenn man den ersten Job längst gefunden hat. Denn auch im Traumberuf gilt es von Zeit zu Zeit sicher Anfragen zu bearbeiten, mit denen man sich persönlich nicht identifizieren kann.
Aber kommen wir noch einmal zum lieben Geld. Ist der Arbeitslose darauf angewiesen – betrügt er also nicht – so ist er für die staatliche Sicherung seines Lebensunterhalts auf jeden Fall dankbar und versucht, so gut es geht, seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen. Aber im Gegensatz zum existierenden Vorurteil, ist die Hartz-IV-Antragstellung definitiv kein Spaziergang. Diese Problematik möchte ich gern an drei Beispielen verdeutlichen:
Wer ernsthaft Arbeit sucht, fühlt sich aus sich selbst heraus relativ bald nicht mehr wirklich gebraucht. Mit diesem mulmigen Gefühl erledigt der Jobsuchende seine „Behördengänge“, wobei sich im Büro des einen oder anderen Sachbearbeiters eine unangenehme Bittsteller-Machthaber-Atmosphäre aufbauen kann. Frei nach dem Motto „Ich kann alles, du bist nichts!“.
Zudem kann der vorwurfsvolle Tenor eines jeden Briefes dem Arbeitslosen an schlechten Tagen einen Kloß in den Hals oder sogar die Wut in den Bauch treiben (dabei hatte man sich fest vorgenommen, dass man da darübersteht).
Ein drittes Beispiel, das aufzeigt, wie sehr man manchmal in seiner Würde als Mensch ignoriert wird, ist die sogenannte Hotline. Hier rufe ich an, weil ich meine Sachbearbeiterin dringend sprechen möchte. Das Anliegen bringe ich dafür einem mir unbekannten Call-Center-Mitarbeiter vor (dessen Stimmlage geschult ist, um bei Bedarf Folgendes in den Telefonhörer zu transportieren: „Sie sind gesellschaftlicher Abfall“), um dann später von der oder dem (freundlichen!) Zuständigen zurückgerufen zu werden (was dem geknickten Ego für den Rest des Tages leider nicht mehr auf die Sprünge zu verhelfen vermag). In grauem Sarkasmus denke ich: Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn man direkt miteinander kommunizieren könnte...!
Selbst wenn ich hoffe und oft gesagt bekomme, dass ich mit den Vorwürfen und Anklagen aus Politik, Wirtschaft und Medien nicht gemeint bin, fühle ich mich manchmal wie die schmutzige Schaumkrone auf der Welle der Hartz-IV-Diskussion. Ich möchte mich nicht beschweren, denn es gibt wichtigere Themen und sehr viel größere Ungerechtigkeiten auf der Welt. Aber werben möchte ich, FÜR mich selbst und all die anderen, die mit Enthusiasmus beim „Bewerbungsmarathon“ antreten und GEGEN das Missverständnis, dass es keine arbeitswilligen Hartz-IV-Empfänger gibt. Ganz bald möchte ich laut ausrufen können „Arge, es ist aus – mein neuer Job gibt mir jetzt Geld und Liebe!“
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