Samstag, 15. Mai 2010
Über die Geduld nach der Spontaneität, oder: Gefühle nach dem Vorstellungsgespräch
Oh Gott, wie viele Nächte lang habe ich jetzt schon bescheuerte und komische Sachen geträumt? Ich, als bekennender Morgenmensch, bin zerknautscht, noch bevor der Tag richtig angefangen hat. Das ist nicht zum Aushalten...
Heute Nacht war ich mit einem Freund und all seinen Zimmerpflanzen bei dem Mann im Büro, der mir seinerzeit meine erste Stelle als Praktikantin gegeben hat. Das Stadtmagazin „macht jetzt zufällig auch in Radio“. Wir haben gemeinsam um einen Job für mich gebettelt und ich erfuhr auf der Treppe, dass Kollegin x, die mich nicht besonders schätzte, an Leukämie erkrankt sei. Liebes Unterbewusstsein, ich finde, du bist ganz schön fies und durchschaubar!

Na ja, was soll man sagen, auch tagsüber machen sich die Gedanken selbständig. Auf dem Rückweg vom Vorstellungsgespräch war ich erschöpft, bin aber zunächst pragmatisch geblieben und habe versucht, jene Fakten aus dem überraschenden Allgemeinwissenstest zusammenzutragen, die mir leider nicht bekannt waren. Seitdem quält mich die Ungeduld. Ich such immer wieder nach den Antworten, die im Gespräch einen besseren Eindruck gemacht hätten, die mich noch klüger, gebildeter und interessierter hätten ausschauen lassen. Glücklicherweise reicht die eigene Intelligenz, wenn sie denn in gewissem Maße begrenzt ist, nie aus, um festzustellen, dass man selbst irgendwie ein bisschen zur Dummheit neigt. Ich hoffe, dass es in meinem Falle eher so ist: Die positive Einstellung verbietet es mir, mich selbst runter zu machen, bevor andere dazu Gelegenheit bekommen. Also: Ich bin klug, gebildet und interessiert, nee echt jetzt! Basta.

Trotzdem: Der Zweifel nagt weiter; immer wieder erwische ich mich dabei, wie ich verschiedene Situationen gedanklich durchspiele. Was hätte man doch alles sagen können und hat es doch nicht. Was habe ich alles ausgeplaudert, das niemanden von der Kommission etwas angeht? Der Versuch, an die Körpersprache zu denken, ist doch auch ein bisschen missglückt, oder? Verdammt. Der einzige Trost: Da es keine Standardfragen gab, auf die man sich vorbereiten kann, war auch die Konkurrenz gezwungen, spontan zu sein...
Ich bin ja sonst nicht auf das Scheitern anderer bedacht, aber diesmal bleibt zu hoffen, dass es den Mitbewerbern noch schlechter gelungen ist, zu parieren. Ich hoffe diesmal, ganz allein für mich, dass nach dem Vorstellungsgespräch nicht vor dem Vorstellungsgespräch bedeutet. Ich habe die Füße der bedeutendsten Figur der Stadt berührt. Ein Einheimischer meinte, das wirke immer!

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