Mittwoch, 15. September 2010
Leserbrief: Die Methode Frau, Zeit No. 36; Seite 69
nale, 00:50h
Wer schreibt, der muss auch lesen! Neulich las ich, dann schrieb ich. Meinen ersten Leserbrief. Besser gesagt, meine erste Lesermail. "Der Text wär doch auch was für Dein Blog!" ... Hmm, stimmt. Na dann, bitteschön:
Für meine Begriffe betrachtet Ihr Artikel den gesellschaftlichen Wandel aus der falschen Perspektive. Die so genannte "Methode Frau" ist im Grunde eine Emanzipation des Mannes, denn hinter jeder heute beruflich erfolgreichen Frau steht in gewisser Weise ein Mann. Entweder handelt es sich um einen Partner, der Gleichberechtigung, Kindererziehung und Work-Life-Balance in seinem Leben als wichtig erachtet. Oder um einen Chef, der kluge, aufstrebende Frauen fördert. Die Beispiele in Ihrem Text haben beide Aspekte veranschaulicht. Auch der umgekehrte Fall ist leider immer noch Realität: Dort, wo maskuline Arbeitskreise, Chefetagen und Teams (noch) keine Frauen integrieren WOLLEN, kann sich Frau auf den Kopf stellen!
Schade finde ich übrigens auch, dass Sie die berufstätige Frau mit Ihrem Cover auf eine Schwangere im Herrenanzug degradieren! Das reduziert eben die Methode, von deren Existenz Sie im Artikel überzeugen möchten, auf “Verkleidung und Fruchtbarkeit” (ein Faschingsfest der Eierstöcke, wenn Sie so wollen).
Für meine Begriffe betrachtet Ihr Artikel den gesellschaftlichen Wandel aus der falschen Perspektive. Die so genannte "Methode Frau" ist im Grunde eine Emanzipation des Mannes, denn hinter jeder heute beruflich erfolgreichen Frau steht in gewisser Weise ein Mann. Entweder handelt es sich um einen Partner, der Gleichberechtigung, Kindererziehung und Work-Life-Balance in seinem Leben als wichtig erachtet. Oder um einen Chef, der kluge, aufstrebende Frauen fördert. Die Beispiele in Ihrem Text haben beide Aspekte veranschaulicht. Auch der umgekehrte Fall ist leider immer noch Realität: Dort, wo maskuline Arbeitskreise, Chefetagen und Teams (noch) keine Frauen integrieren WOLLEN, kann sich Frau auf den Kopf stellen!
Schade finde ich übrigens auch, dass Sie die berufstätige Frau mit Ihrem Cover auf eine Schwangere im Herrenanzug degradieren! Das reduziert eben die Methode, von deren Existenz Sie im Artikel überzeugen möchten, auf “Verkleidung und Fruchtbarkeit” (ein Faschingsfest der Eierstöcke, wenn Sie so wollen).
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Donnerstag, 2. September 2010
Frei sein
nale, 16:21h
Menschen auf Jobsuche suchen nicht nur nach einer Aufgabe, sondern sehnen sich auch nach sozialer Anerkennung und finanzieller Sicherheit.
Meine (Ziel)Branche ist besonders geprägt vom freien Anstellungsverhältnis. Für den Arbeitnehmer heißt das, dass er unter eigener Steuernummer seine Kranken- und Rentenversicherung selbst zahlt; auf der Arbeitgeberseite entfallen sämtliche Personalnebenkosten. Schon längst gibt es keine Hoffnung mehr auf was „Festes“. Ein Gedanke, an den man sich zwangsläufig mit der Zeit gewöhnt.
In diesem Bewusstsein hatte ich neulich ein unerwartetes Erlebnis: Während eines Praktikums wohnte ich dem fünfundzwanzigsten (!) Dienstjubiläum einer Mitarbeiterin bei. Obwohl sie seinerzeit eine ganze Hand voll Anfänger gewesen waren, hat es doch Seltenheitswert, so ein Jubiläum zu erreichen (das zeigte auch der große Aufwand, mit dem die Feierlichkeit organisiert war). Der Jubiläen feiernde Kollege gehört wohl früher oder später zur aussterbenden Art.
Interessant wird es, wenn solch erfahrene Angestellte ihr Wissen an uns Frischlinge weitergeben. Es wird dann schnell klar, dass wir fern von unseren Meinungsspektren aufgrund des Alters- und Generationenunterschieds eine völlig andere Gesamtsicht auf die Welt haben. Der eine ist gelassen, routiniert, entspannt und erfahren; der andere aufgeregt, unbeholfen, unsicher und fühlt sich angesichts von so viel Kompetenz manchmal ziemlich ahnungslos.
Ich habe Hoffnung, denn ich habe schon gelernt: Wissen kommt mit der Zeit, der Lektüre und jederzeit aufgesperrten Ohren. Und mit dem kommt alles andere. Bis dahin suche ich weiter nach meinem Weg... (in die Freiheit).
Meine (Ziel)Branche ist besonders geprägt vom freien Anstellungsverhältnis. Für den Arbeitnehmer heißt das, dass er unter eigener Steuernummer seine Kranken- und Rentenversicherung selbst zahlt; auf der Arbeitgeberseite entfallen sämtliche Personalnebenkosten. Schon längst gibt es keine Hoffnung mehr auf was „Festes“. Ein Gedanke, an den man sich zwangsläufig mit der Zeit gewöhnt.
In diesem Bewusstsein hatte ich neulich ein unerwartetes Erlebnis: Während eines Praktikums wohnte ich dem fünfundzwanzigsten (!) Dienstjubiläum einer Mitarbeiterin bei. Obwohl sie seinerzeit eine ganze Hand voll Anfänger gewesen waren, hat es doch Seltenheitswert, so ein Jubiläum zu erreichen (das zeigte auch der große Aufwand, mit dem die Feierlichkeit organisiert war). Der Jubiläen feiernde Kollege gehört wohl früher oder später zur aussterbenden Art.
Interessant wird es, wenn solch erfahrene Angestellte ihr Wissen an uns Frischlinge weitergeben. Es wird dann schnell klar, dass wir fern von unseren Meinungsspektren aufgrund des Alters- und Generationenunterschieds eine völlig andere Gesamtsicht auf die Welt haben. Der eine ist gelassen, routiniert, entspannt und erfahren; der andere aufgeregt, unbeholfen, unsicher und fühlt sich angesichts von so viel Kompetenz manchmal ziemlich ahnungslos.
Ich habe Hoffnung, denn ich habe schon gelernt: Wissen kommt mit der Zeit, der Lektüre und jederzeit aufgesperrten Ohren. Und mit dem kommt alles andere. Bis dahin suche ich weiter nach meinem Weg... (in die Freiheit).
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Mittwoch, 28. Juli 2010
Inspiration
nale, 01:21h
... durch zwei Lebensweisheiten, die ich heute zu schätzen gelernt habe:
"You do the big things by doing the little things right." (Stephen Cooper)
"Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen." (Chinesisches Sprichwort)
"You do the big things by doing the little things right." (Stephen Cooper)
"Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen." (Chinesisches Sprichwort)
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Mittwoch, 23. Juni 2010
Ich bin so froh, dass ich ein Mädchen bin ...
nale, 12:59h
... Oder doch nicht? Auch wenn ich sonst versuche, dieses Blog weitestgehend anonym zu halten, muss ich heute feststellen: Ich bin eine junge Frau und wenn ich ein junger Mann wäre, würde mein Leben sicher anders sein.
Was mein Frauenbild geprägt hat? Die Stärke einer alleinerziehenden, berufstätigen und unabhängigen Mutter. Die Schönheit, die ich in meinen Freundinnen sehe, wenn sie sich kraftvoll gegen andere durchsetzen oder aus Stolpersteinen „Treppen zum Himmel bauen“. Frauen, wie die Dozentin, die uns zum Nachdenken über Homosexualität und Diskriminierung anregte, oder die Professorin, die zwischendurch die Veranstaltung verließ, um ihr Neugeborenes zu stillen, haben mich nachhaltig beeindruckt. Ich nahm ihre Stärke ganz selbstverständlich und bewusst zum Vorbild. Bewusst, aber eben passiv. Nicht dass ich mich nicht gern für eine bessere Stellung der Frau in der Gesellschaft eingesetzt hätte, aber mich störte dieses Gefühl, das Feminismus in anderen Menschen auszulösen schien, dieser spezielle, unangenehme Beigeschmack. Die Spice Girls – meines Erachtens nach DIE jugendlichen Vertreterinnen des Feminismus der 1990er Jahre nannten ihr Credo „Girl-Power“, wahrscheinlich um dem verstaubten, biederen und verbissenen Image des Feminismusbegriffs zu entkommen. So finde auch ich die Rolle der militanten Frauenrechtlerin zu eng, obwohl mich das Thema beschäftigt. Kann ich als Frau nicht einfach für mich selbst, meine Meinung und meine Ziele einstehen, ohne dass die Jungs im Freundeskreis genervt die Augenbrauen heben?
Als wir neulich über die zukünftige Besetzung des Amtes des Bundespräsidenten diskutierten – Ursula von der Leyen wurde noch als Kandidatin gehandelt – reagierte ich mit Unverständnis, als ein Bekannter argumentierte dass „eine Frau an der Macht“ ja wohl völlig ausreiche. Ich hätte mich überzeugen lassen, wenn derjenige sachlich geblieben wäre, aber diese Form von törichtem Totschlagargument konnte und wollte ich nicht akzeptieren. Daraufhin meinte ein anderer, sehr weltoffener Freund zu meiner großen Enttäuschung, diese ganze Gendersache sei ja wohl irgendwie mein Ding. Genau so habe ich mir das vorgestellt: Sobald ich mich als Frau der (offensichtlich haltlosen) Argumentation eines Mannes widersetze, bin ich als „Emanze“ abgestempelt. Dabei muss ich mich positionieren, gerade weil die Einstellung zum Thema Frau-Sein zunehmend auf dem Prüfstand steht. In größeren Unternehmen z.B. sitzt eine Frauenbeauftragte mit im Vorstellungsgespräch. Doch gibt es auf die Frage, ob Geschlechterrollen für mich ein Thema sind, denn überhaupt eine richtige oder eine falsche Antwort? Zumindest zieht diese eine Frage mit der Zeit immer weitere Fragen nach sich, macht aufmerksam und sensibler für die Problematik. Neulich ging ich im nahegelegen Park spazieren. An der Scheibe der viel frequentierten Eisdiele klebte folgender Zettel:
Mir stockte der Atem. Warum, schoss es mir durch den Kopf, wird schon von vornherein davon ausgegangen, dass nur eine Mitarbeiterin in Frage kommt, um die öffentlichen Toiletten zu reinigen?
Sehen wir den Tatsachen ins Auge, dann dokumentiert die Presse immer wieder, dass Mädchen in der Schule und im Studium besser sind und sich z.B. kommunikativer verhalten. Nicht umsonst gibt es Programme, die Mädchen fördern, weil diese auch gebraucht werden, wo sie nicht automatisch hinstreben: Solche Initiativen wie den Girls Day, der Mädchen Berufe in IT, Technik, Handwerk und Naturwissenschaften schmackhaft machen soll. Und während die Mädchen gefördert werden, sind es am Ende die Jungs, die später in die Führungsebenen einsteigen. Obwohl ich finde, dass ein Umdenken bereits eingesetzt hat, bleibt Mann in Politik und Wirtschaft noch gern unter sich.
Hinzu kommt, dass Frauen mit Karrierewunsch UND Familienplanung praktisch gesehen einfach im Nachteil sind, weil sie zumindest eine Zeit lang pausieren müssen und der Wiedereinstieg in den Job bisweilen kompliziert sein kann. Frauen hingegen, die sich für ein kinderloses Leben entscheiden, werden schief angesehen. Ihnen wird vorgeworfen, dass sie keinen Beitrag für unsere Gesellschaft leisten. Dabei setzt doch heutzutage niemand mehr Kinder in die Welt, um das Land zu stärken. Ein dritter Aspekt ist die Bezahlung: Im selben Job leisten wir das Gleiche und werden trotzdem in vielen Branchen immer noch unterschiedlich bezahlt. Ich halte das für ungerecht.
Dass wir biologisch unterschiedlich sind ist eine Sache. Dass in einem so fortschrittlichen Land Gleichberechtigung immer noch ein Thema sein muss, eine andere. Aber was können wir tun, um nicht nur eine propagierte sondern eine tatsächliche Gleichstellung von Mann und Frau zu erreichen? Ab wann müssen Jungen wieder gefördert werden, weil man sie zu lange vernachlässigt hat? Brauchen wir mehr „positive Diskriminierung“, die „Begünstigung [...] durch ein Quotensystem, um benachteiligende Beschäftigungspraktiken zu verhindern oder zu korrigieren“? (http://www.onpulson.de/lexikon/3777/positive-diskriminierung/)
Mein persönlicher Schluss aus den Diskussionen um die Unterschiede zwischen Männern und Frauen: Wir machen Dinge anders, weder Mann noch Frau machen sie besser oder schlechter, wir haben einfach unterschiedliche Blickwinkel und Herangehensweisen, die sich hervorragend ergänzen können, wenn sie die Chance dazu bekommen.
Was mein Frauenbild geprägt hat? Die Stärke einer alleinerziehenden, berufstätigen und unabhängigen Mutter. Die Schönheit, die ich in meinen Freundinnen sehe, wenn sie sich kraftvoll gegen andere durchsetzen oder aus Stolpersteinen „Treppen zum Himmel bauen“. Frauen, wie die Dozentin, die uns zum Nachdenken über Homosexualität und Diskriminierung anregte, oder die Professorin, die zwischendurch die Veranstaltung verließ, um ihr Neugeborenes zu stillen, haben mich nachhaltig beeindruckt. Ich nahm ihre Stärke ganz selbstverständlich und bewusst zum Vorbild. Bewusst, aber eben passiv. Nicht dass ich mich nicht gern für eine bessere Stellung der Frau in der Gesellschaft eingesetzt hätte, aber mich störte dieses Gefühl, das Feminismus in anderen Menschen auszulösen schien, dieser spezielle, unangenehme Beigeschmack. Die Spice Girls – meines Erachtens nach DIE jugendlichen Vertreterinnen des Feminismus der 1990er Jahre nannten ihr Credo „Girl-Power“, wahrscheinlich um dem verstaubten, biederen und verbissenen Image des Feminismusbegriffs zu entkommen. So finde auch ich die Rolle der militanten Frauenrechtlerin zu eng, obwohl mich das Thema beschäftigt. Kann ich als Frau nicht einfach für mich selbst, meine Meinung und meine Ziele einstehen, ohne dass die Jungs im Freundeskreis genervt die Augenbrauen heben?
Als wir neulich über die zukünftige Besetzung des Amtes des Bundespräsidenten diskutierten – Ursula von der Leyen wurde noch als Kandidatin gehandelt – reagierte ich mit Unverständnis, als ein Bekannter argumentierte dass „eine Frau an der Macht“ ja wohl völlig ausreiche. Ich hätte mich überzeugen lassen, wenn derjenige sachlich geblieben wäre, aber diese Form von törichtem Totschlagargument konnte und wollte ich nicht akzeptieren. Daraufhin meinte ein anderer, sehr weltoffener Freund zu meiner großen Enttäuschung, diese ganze Gendersache sei ja wohl irgendwie mein Ding. Genau so habe ich mir das vorgestellt: Sobald ich mich als Frau der (offensichtlich haltlosen) Argumentation eines Mannes widersetze, bin ich als „Emanze“ abgestempelt. Dabei muss ich mich positionieren, gerade weil die Einstellung zum Thema Frau-Sein zunehmend auf dem Prüfstand steht. In größeren Unternehmen z.B. sitzt eine Frauenbeauftragte mit im Vorstellungsgespräch. Doch gibt es auf die Frage, ob Geschlechterrollen für mich ein Thema sind, denn überhaupt eine richtige oder eine falsche Antwort? Zumindest zieht diese eine Frage mit der Zeit immer weitere Fragen nach sich, macht aufmerksam und sensibler für die Problematik. Neulich ging ich im nahegelegen Park spazieren. An der Scheibe der viel frequentierten Eisdiele klebte folgender Zettel:
Mir stockte der Atem. Warum, schoss es mir durch den Kopf, wird schon von vornherein davon ausgegangen, dass nur eine Mitarbeiterin in Frage kommt, um die öffentlichen Toiletten zu reinigen?
Sehen wir den Tatsachen ins Auge, dann dokumentiert die Presse immer wieder, dass Mädchen in der Schule und im Studium besser sind und sich z.B. kommunikativer verhalten. Nicht umsonst gibt es Programme, die Mädchen fördern, weil diese auch gebraucht werden, wo sie nicht automatisch hinstreben: Solche Initiativen wie den Girls Day, der Mädchen Berufe in IT, Technik, Handwerk und Naturwissenschaften schmackhaft machen soll. Und während die Mädchen gefördert werden, sind es am Ende die Jungs, die später in die Führungsebenen einsteigen. Obwohl ich finde, dass ein Umdenken bereits eingesetzt hat, bleibt Mann in Politik und Wirtschaft noch gern unter sich.
Hinzu kommt, dass Frauen mit Karrierewunsch UND Familienplanung praktisch gesehen einfach im Nachteil sind, weil sie zumindest eine Zeit lang pausieren müssen und der Wiedereinstieg in den Job bisweilen kompliziert sein kann. Frauen hingegen, die sich für ein kinderloses Leben entscheiden, werden schief angesehen. Ihnen wird vorgeworfen, dass sie keinen Beitrag für unsere Gesellschaft leisten. Dabei setzt doch heutzutage niemand mehr Kinder in die Welt, um das Land zu stärken. Ein dritter Aspekt ist die Bezahlung: Im selben Job leisten wir das Gleiche und werden trotzdem in vielen Branchen immer noch unterschiedlich bezahlt. Ich halte das für ungerecht.
Dass wir biologisch unterschiedlich sind ist eine Sache. Dass in einem so fortschrittlichen Land Gleichberechtigung immer noch ein Thema sein muss, eine andere. Aber was können wir tun, um nicht nur eine propagierte sondern eine tatsächliche Gleichstellung von Mann und Frau zu erreichen? Ab wann müssen Jungen wieder gefördert werden, weil man sie zu lange vernachlässigt hat? Brauchen wir mehr „positive Diskriminierung“, die „Begünstigung [...] durch ein Quotensystem, um benachteiligende Beschäftigungspraktiken zu verhindern oder zu korrigieren“? (http://www.onpulson.de/lexikon/3777/positive-diskriminierung/)
Mein persönlicher Schluss aus den Diskussionen um die Unterschiede zwischen Männern und Frauen: Wir machen Dinge anders, weder Mann noch Frau machen sie besser oder schlechter, wir haben einfach unterschiedliche Blickwinkel und Herangehensweisen, die sich hervorragend ergänzen können, wenn sie die Chance dazu bekommen.
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Samstag, 15. Mai 2010
Über die Geduld nach der Spontaneität, oder: Gefühle nach dem Vorstellungsgespräch
nale, 12:58h
Oh Gott, wie viele Nächte lang habe ich jetzt schon bescheuerte und komische Sachen geträumt? Ich, als bekennender Morgenmensch, bin zerknautscht, noch bevor der Tag richtig angefangen hat. Das ist nicht zum Aushalten...
Heute Nacht war ich mit einem Freund und all seinen Zimmerpflanzen bei dem Mann im Büro, der mir seinerzeit meine erste Stelle als Praktikantin gegeben hat. Das Stadtmagazin „macht jetzt zufällig auch in Radio“. Wir haben gemeinsam um einen Job für mich gebettelt und ich erfuhr auf der Treppe, dass Kollegin x, die mich nicht besonders schätzte, an Leukämie erkrankt sei. Liebes Unterbewusstsein, ich finde, du bist ganz schön fies und durchschaubar!
Na ja, was soll man sagen, auch tagsüber machen sich die Gedanken selbständig. Auf dem Rückweg vom Vorstellungsgespräch war ich erschöpft, bin aber zunächst pragmatisch geblieben und habe versucht, jene Fakten aus dem überraschenden Allgemeinwissenstest zusammenzutragen, die mir leider nicht bekannt waren. Seitdem quält mich die Ungeduld. Ich such immer wieder nach den Antworten, die im Gespräch einen besseren Eindruck gemacht hätten, die mich noch klüger, gebildeter und interessierter hätten ausschauen lassen. Glücklicherweise reicht die eigene Intelligenz, wenn sie denn in gewissem Maße begrenzt ist, nie aus, um festzustellen, dass man selbst irgendwie ein bisschen zur Dummheit neigt. Ich hoffe, dass es in meinem Falle eher so ist: Die positive Einstellung verbietet es mir, mich selbst runter zu machen, bevor andere dazu Gelegenheit bekommen. Also: Ich bin klug, gebildet und interessiert, nee echt jetzt! Basta.
Trotzdem: Der Zweifel nagt weiter; immer wieder erwische ich mich dabei, wie ich verschiedene Situationen gedanklich durchspiele. Was hätte man doch alles sagen können und hat es doch nicht. Was habe ich alles ausgeplaudert, das niemanden von der Kommission etwas angeht? Der Versuch, an die Körpersprache zu denken, ist doch auch ein bisschen missglückt, oder? Verdammt. Der einzige Trost: Da es keine Standardfragen gab, auf die man sich vorbereiten kann, war auch die Konkurrenz gezwungen, spontan zu sein...
Ich bin ja sonst nicht auf das Scheitern anderer bedacht, aber diesmal bleibt zu hoffen, dass es den Mitbewerbern noch schlechter gelungen ist, zu parieren. Ich hoffe diesmal, ganz allein für mich, dass nach dem Vorstellungsgespräch nicht vor dem Vorstellungsgespräch bedeutet. Ich habe die Füße der bedeutendsten Figur der Stadt berührt. Ein Einheimischer meinte, das wirke immer!
Heute Nacht war ich mit einem Freund und all seinen Zimmerpflanzen bei dem Mann im Büro, der mir seinerzeit meine erste Stelle als Praktikantin gegeben hat. Das Stadtmagazin „macht jetzt zufällig auch in Radio“. Wir haben gemeinsam um einen Job für mich gebettelt und ich erfuhr auf der Treppe, dass Kollegin x, die mich nicht besonders schätzte, an Leukämie erkrankt sei. Liebes Unterbewusstsein, ich finde, du bist ganz schön fies und durchschaubar!
Na ja, was soll man sagen, auch tagsüber machen sich die Gedanken selbständig. Auf dem Rückweg vom Vorstellungsgespräch war ich erschöpft, bin aber zunächst pragmatisch geblieben und habe versucht, jene Fakten aus dem überraschenden Allgemeinwissenstest zusammenzutragen, die mir leider nicht bekannt waren. Seitdem quält mich die Ungeduld. Ich such immer wieder nach den Antworten, die im Gespräch einen besseren Eindruck gemacht hätten, die mich noch klüger, gebildeter und interessierter hätten ausschauen lassen. Glücklicherweise reicht die eigene Intelligenz, wenn sie denn in gewissem Maße begrenzt ist, nie aus, um festzustellen, dass man selbst irgendwie ein bisschen zur Dummheit neigt. Ich hoffe, dass es in meinem Falle eher so ist: Die positive Einstellung verbietet es mir, mich selbst runter zu machen, bevor andere dazu Gelegenheit bekommen. Also: Ich bin klug, gebildet und interessiert, nee echt jetzt! Basta.
Trotzdem: Der Zweifel nagt weiter; immer wieder erwische ich mich dabei, wie ich verschiedene Situationen gedanklich durchspiele. Was hätte man doch alles sagen können und hat es doch nicht. Was habe ich alles ausgeplaudert, das niemanden von der Kommission etwas angeht? Der Versuch, an die Körpersprache zu denken, ist doch auch ein bisschen missglückt, oder? Verdammt. Der einzige Trost: Da es keine Standardfragen gab, auf die man sich vorbereiten kann, war auch die Konkurrenz gezwungen, spontan zu sein...
Ich bin ja sonst nicht auf das Scheitern anderer bedacht, aber diesmal bleibt zu hoffen, dass es den Mitbewerbern noch schlechter gelungen ist, zu parieren. Ich hoffe diesmal, ganz allein für mich, dass nach dem Vorstellungsgespräch nicht vor dem Vorstellungsgespräch bedeutet. Ich habe die Füße der bedeutendsten Figur der Stadt berührt. Ein Einheimischer meinte, das wirke immer!
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Samstag, 24. April 2010
„Endlich wieder Arbeit“
nale, 11:25h
Neulich diskutierte ich mit einer Freundin über das Privatfernsehen und seine Eigenschaft als Spiegel der Gesellschaft. Die Quoten und damit die Interessen der Zuschauer bestimmen, was im Fernsehen läuft. Einrichtungssendungen als Abbild des Cocooning-Trends und Gerichtsshows waren endlos lange an der Tagesordnung; jetzt sind es Realitysoaps in denen Laien Geschichten „die das Leben schreibt“ nachstellen. Oder so ähnlich. „Deutschland sucht den Superstar“ und „Germanys next Topmodel“ bilden in dem Reigen die Vertreter der modernen Jobsuche (in der Unterhaltungsbranche); Sendungen wie „Rach der Restauranttester“ „Die Jobretter“ und „Raus aus den Schulden“ zielen ab auf den Hoffnungsvoyeurismus, den sich der Zuschauer wünscht. Anderen beim Partner suchen, Leiden, Glücklichsein, Auswandern oder in allen anderen Lebenslagen zusehen, das ist der Trend. Der Leitgedanke dabei: Trotz der Krise kann es jederzeit wieder bergauf gehen, wenn man nur den richtigen Coach an seiner Seite hat!
Perfektes Stichwort für ein neues Format, das sich auf RTL den Weg in die Herzen der Zuschauer bahnen soll. „Endlich wieder Arbeit“ heißt das Programm – immerhin suggeriert der Titel, dass die Protagonisten schon einmal Arbeit hatten und aus dem „endlich“ lässt sich die Information entnehmen, dass es sich wohl um Langzeitarbeitslose handelt. Der Untertitel schafft dann noch mehr Klarheit: Der „Jobprofi Jürgen Hesse zeigt, wie man sich erfolgreich bewirbt“.
Zugegeben, ich fand das Format im Hinblick auf *Leerstelle** sehr interessant und habe mir die erste Folge angesehen. Hinterher habe ich mich geärgert. Zwar passierte, was zu erwarten war – denn es handelte sich um Menschen, die seit Jahren entweder keine Motivation hatten oder nicht über die richtige Taktik verfügten, um eine Stelle zu ergattern. Zwar tat mir die betroffene Familie auch sehr leid, denn sie hatte die Jobs offensichtlich bitternötig („Ich trau mich nicht mal zu sterben, weil ich nicht weiß, was dann aus meiner Familie wird“ so die Mutter und Alleinverdienerin). Aber die Kernaussage der Sendung gefiel mir nicht, denn es wurde suggeriert, dass es außer einem gepflegten Haarschnitt, einem geschmackvollen Äußeren und einem korrekten Anschreiben nicht sehr viel mehr braucht, um den Vertrag für einen Job in der Tasche zu haben. Weit gefehlt. Diese Art von Härtefall ist zwar eine reale Seite der Medaille. Aber ich bleibe gespannt, ob das Programm auch weniger stilisierte Fälle behandeln wird.
Perfektes Stichwort für ein neues Format, das sich auf RTL den Weg in die Herzen der Zuschauer bahnen soll. „Endlich wieder Arbeit“ heißt das Programm – immerhin suggeriert der Titel, dass die Protagonisten schon einmal Arbeit hatten und aus dem „endlich“ lässt sich die Information entnehmen, dass es sich wohl um Langzeitarbeitslose handelt. Der Untertitel schafft dann noch mehr Klarheit: Der „Jobprofi Jürgen Hesse zeigt, wie man sich erfolgreich bewirbt“.
Zugegeben, ich fand das Format im Hinblick auf *Leerstelle** sehr interessant und habe mir die erste Folge angesehen. Hinterher habe ich mich geärgert. Zwar passierte, was zu erwarten war – denn es handelte sich um Menschen, die seit Jahren entweder keine Motivation hatten oder nicht über die richtige Taktik verfügten, um eine Stelle zu ergattern. Zwar tat mir die betroffene Familie auch sehr leid, denn sie hatte die Jobs offensichtlich bitternötig („Ich trau mich nicht mal zu sterben, weil ich nicht weiß, was dann aus meiner Familie wird“ so die Mutter und Alleinverdienerin). Aber die Kernaussage der Sendung gefiel mir nicht, denn es wurde suggeriert, dass es außer einem gepflegten Haarschnitt, einem geschmackvollen Äußeren und einem korrekten Anschreiben nicht sehr viel mehr braucht, um den Vertrag für einen Job in der Tasche zu haben. Weit gefehlt. Diese Art von Härtefall ist zwar eine reale Seite der Medaille. Aber ich bleibe gespannt, ob das Programm auch weniger stilisierte Fälle behandeln wird.
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Mittwoch, 14. April 2010
Sourire
nale, 11:59h
Optimismus begegnet einem manchmal ganz unverhofft:
Auf dem Fahrradständer vor der Arbeitsagentur meiner Stadt, an den ich das Rad angeschlossen hatte, klebte dieser Aufkleber: sourire - lächeln. Dazu war ich dann tatsächlich gezwungen und der Tag wurde gleich ein bisschen schöner! Danke, liebe(r) Fremde(r)!
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Dienstag, 6. April 2010
Ohne 'Konnekke' keine Competition
nale, 14:35h
„Jede Krise ist eine Chance!“ Ich mag diesen Satz nicht. Er erinnert mich an Menschen, die ich schon habe ‚nachtreten’ sehen, als jemand am Boden lag. Außerdem nimmt diese Feststellung auf meiner persönlichen Rangliste für den (unfreiwilligen) Hohn-Anteil eine Spitzenposition ein. Denn häufig kommen diese und ähnliche Phrasen aus Mündern, deren Körper einem geregelten, krisenfreien Arbeitsleben nachgehen, um danach in einem gut situierten Haushalt ihre Freizeit zu verbringen.
„Das wird schon! Hab Geduld! Du musst daran glauben! Irgendwann muss was passieren!“ Zugegeben, diese Äußerungen sind auf der Rangliste des Hohns weiter unten, sie sollen Zuversicht spenden und was soll denn ein Außenstehender ab einem bestimmten, offensichtlich frustrierenden Punkt denn auch anderes sagen? Aber wie meinte neulich eine humorvolle neue Bekanntschaft: „Was ist das Gegenteil von gut? Gut gemeint!“
Aber zurück zum Ernst der Lage: Wir müssen ganz häufig Rede und Antwort stehen, müssen uns selbst auch in Momenten mit Jobsuche, Arbeitslosigkeit und Co. auseinandersetzen, in denen wir eigentlich (davon) frei haben bzw. haben möchten. So werden wir beim Essen mit Freunden, zum Spieleabend, in der Kneipe, an Feiertagen im Familienkreis oder auf der Party damit konfrontiert. Ich bin ganz klar furchtbar dankbar dafür, dass Freunde und Verwandte helfen möchten, dass sie nachfragen anstatt sich peinlich berührt abzuwenden oder noch einen Schritt weiter gehen und die Stellenanzeigen ihrer Stadt für mich durchforsten (Danke!). Aber es gibt eben manchmal auch Augenblicke, da habe ich einfach keinen Bock mehr auf Hartz-4-Gespräche und angestrengtes Nachdenken. Die beliebte Smalltalk-Frage „Und, was machst du so beruflich?“ trifft jedenfalls häufig ins Schwarze.
Gerade in der Arbeitslosigkeit wird einem bewusst, wie viel Raum die Arbeitswelt in unserem Leben, unseren Gedanken und Gesprächen okkupiert. Viel wichtiger als das, worüber geredet wird, ist aber das, was (nicht) passiert. Auf das „Etwas“, von dem alle sagen, dass es statistisch gesehen ja zwangsläufig bald kommen muss, warte ich für meine Begriffe schon viel zu lange. Es ist ja so: Was sich für die einen wie ein Ferienbonus anfühlt, ist für den anderen ganz und gar nicht vergnüglich. Das ist eine Sache der Situation, der Einstellung und des Ehrgeizes. Ich habe mit der Zeit angefangen, mich zu fragen, woran es liegt, dass ich weiter abwarten muss: Zuerst habe ich den Lebenslauf umgestaltet. Ich fand ihn schon vorher richtig gut, aber jetzt ist er tatsächlich noch aussagekräftiger. Dann hatte ich Zeit, weiterzugrübeln: Sollte ich an der Uni um ein Empfehlungsschreiben bitten? Bei einer guten Freundin wurde das Schriftstück ihres Professors ein Meilenstein auf der Karriereleiter. Dann fiel mir auf, dass mein eigener Prof. dafür vermutlich keine Zeit haben würde und dass mir eine zeitnahe Benotung meiner Abschlussarbeit sehr viel willkommener wäre. Und daraufhin dachte ich: Ich sollte vielleicht heiraten, damit der Nachnahme nicht mehr so ausländisch anmutet – dabei mag ich den doch, trage ihn ja auch schon eine Weile. Trotzdem soll es diesbezüglich leider auch einige Vorurteile geben. (Dieser Gedanke geisterte erst durch die einschlägige Presse und dann durch entsprechende Abteilungen meiner grauen Zellen.)
Ich denke, ich denke positiv. Nur bin ich in den letzten Wochen realistischer geworden. Manchmal auch zu realistisch, das ist der Haken. Aber eins ist klar: Ich glaube nach wie vor an mich und finde, dass ich gemessen an meinen Fähigkeiten, die besten Bewerbungen schreibe, die möglich sind. Ich glaube nur gerade kaum an den Markt. Ich habe gedacht, dass ich mich durch meine Auslandserfahrungen, Sprachfähigkeiten, Studienleistungen, Praktika und außeruniversitären Aktivitäten selbst empfehle und musste lernen, dass es nur mit ganz anderen Empfehlungen wirklich leichter ins und durchs Berufsleben geht. Frei nach dem kopierten Motto: „Ohne ‚Konnekke’ (mein Wort für das, was andere ‚Vitamin B’ nennen) keine Competition“.
Konnekke, musste ich feststellen, ist das, was ich leider nicht so recht habe. Ich finde es schwer, Freunde und Bekannte als ‚Kontakte’ anzusehen. „Drei, zwei, eins... meins.“ Das ist mir zu viel wirtschaftlich und zu wenig menschlich. Leider gereicht mir diese Einstellung auch zum Nachteil. Deswegen muss ich entweder Skrupel abbauen oder den Trampelpfad verlassen und querfeldein gehen... Was tun?
Diesbezüglich bekam ich neulich einen interessanten Ratschlag aus ganz unerwarteter Ecke, ein bisschen esoterisch, aber vollkommen unbefangen und ohne Schnörkel oder Höflichkeiten: „Stell dich dir in deinem neuen Job vor; visualisiere deine Wünsche. Wie sieht dein Büro aus? Was wirst du dort tun? Wie wirst du dich dabei fühlen? Wenn diese Technik nicht zum Arbeitvertrag führt, dann macht sie dich doch fröhlicher, zielstrebiger, fokussierter. Das spüren die Menschen.“ Den zweiten guten Rat; nämlich über den Tellerrand zu schauen, nach Jobs Ausschau zu halten, von denen ich eigentlich nicht erwarte, dass sie nach meiner Ausbildung verlangen, bedenke ich und werde ihn mit Sicherheit irgendwann beherzigen. Er leuchtet mir absolut ein und ich halte Ausschau, aber bis ich mich wirklich darauf konzentriere, visualisiere ich erstmal noch meine Träume!
„Das wird schon! Hab Geduld! Du musst daran glauben! Irgendwann muss was passieren!“ Zugegeben, diese Äußerungen sind auf der Rangliste des Hohns weiter unten, sie sollen Zuversicht spenden und was soll denn ein Außenstehender ab einem bestimmten, offensichtlich frustrierenden Punkt denn auch anderes sagen? Aber wie meinte neulich eine humorvolle neue Bekanntschaft: „Was ist das Gegenteil von gut? Gut gemeint!“
Aber zurück zum Ernst der Lage: Wir müssen ganz häufig Rede und Antwort stehen, müssen uns selbst auch in Momenten mit Jobsuche, Arbeitslosigkeit und Co. auseinandersetzen, in denen wir eigentlich (davon) frei haben bzw. haben möchten. So werden wir beim Essen mit Freunden, zum Spieleabend, in der Kneipe, an Feiertagen im Familienkreis oder auf der Party damit konfrontiert. Ich bin ganz klar furchtbar dankbar dafür, dass Freunde und Verwandte helfen möchten, dass sie nachfragen anstatt sich peinlich berührt abzuwenden oder noch einen Schritt weiter gehen und die Stellenanzeigen ihrer Stadt für mich durchforsten (Danke!). Aber es gibt eben manchmal auch Augenblicke, da habe ich einfach keinen Bock mehr auf Hartz-4-Gespräche und angestrengtes Nachdenken. Die beliebte Smalltalk-Frage „Und, was machst du so beruflich?“ trifft jedenfalls häufig ins Schwarze.
Gerade in der Arbeitslosigkeit wird einem bewusst, wie viel Raum die Arbeitswelt in unserem Leben, unseren Gedanken und Gesprächen okkupiert. Viel wichtiger als das, worüber geredet wird, ist aber das, was (nicht) passiert. Auf das „Etwas“, von dem alle sagen, dass es statistisch gesehen ja zwangsläufig bald kommen muss, warte ich für meine Begriffe schon viel zu lange. Es ist ja so: Was sich für die einen wie ein Ferienbonus anfühlt, ist für den anderen ganz und gar nicht vergnüglich. Das ist eine Sache der Situation, der Einstellung und des Ehrgeizes. Ich habe mit der Zeit angefangen, mich zu fragen, woran es liegt, dass ich weiter abwarten muss: Zuerst habe ich den Lebenslauf umgestaltet. Ich fand ihn schon vorher richtig gut, aber jetzt ist er tatsächlich noch aussagekräftiger. Dann hatte ich Zeit, weiterzugrübeln: Sollte ich an der Uni um ein Empfehlungsschreiben bitten? Bei einer guten Freundin wurde das Schriftstück ihres Professors ein Meilenstein auf der Karriereleiter. Dann fiel mir auf, dass mein eigener Prof. dafür vermutlich keine Zeit haben würde und dass mir eine zeitnahe Benotung meiner Abschlussarbeit sehr viel willkommener wäre. Und daraufhin dachte ich: Ich sollte vielleicht heiraten, damit der Nachnahme nicht mehr so ausländisch anmutet – dabei mag ich den doch, trage ihn ja auch schon eine Weile. Trotzdem soll es diesbezüglich leider auch einige Vorurteile geben. (Dieser Gedanke geisterte erst durch die einschlägige Presse und dann durch entsprechende Abteilungen meiner grauen Zellen.)
Ich denke, ich denke positiv. Nur bin ich in den letzten Wochen realistischer geworden. Manchmal auch zu realistisch, das ist der Haken. Aber eins ist klar: Ich glaube nach wie vor an mich und finde, dass ich gemessen an meinen Fähigkeiten, die besten Bewerbungen schreibe, die möglich sind. Ich glaube nur gerade kaum an den Markt. Ich habe gedacht, dass ich mich durch meine Auslandserfahrungen, Sprachfähigkeiten, Studienleistungen, Praktika und außeruniversitären Aktivitäten selbst empfehle und musste lernen, dass es nur mit ganz anderen Empfehlungen wirklich leichter ins und durchs Berufsleben geht. Frei nach dem kopierten Motto: „Ohne ‚Konnekke’ (mein Wort für das, was andere ‚Vitamin B’ nennen) keine Competition“.
Konnekke, musste ich feststellen, ist das, was ich leider nicht so recht habe. Ich finde es schwer, Freunde und Bekannte als ‚Kontakte’ anzusehen. „Drei, zwei, eins... meins.“ Das ist mir zu viel wirtschaftlich und zu wenig menschlich. Leider gereicht mir diese Einstellung auch zum Nachteil. Deswegen muss ich entweder Skrupel abbauen oder den Trampelpfad verlassen und querfeldein gehen... Was tun?
Diesbezüglich bekam ich neulich einen interessanten Ratschlag aus ganz unerwarteter Ecke, ein bisschen esoterisch, aber vollkommen unbefangen und ohne Schnörkel oder Höflichkeiten: „Stell dich dir in deinem neuen Job vor; visualisiere deine Wünsche. Wie sieht dein Büro aus? Was wirst du dort tun? Wie wirst du dich dabei fühlen? Wenn diese Technik nicht zum Arbeitvertrag führt, dann macht sie dich doch fröhlicher, zielstrebiger, fokussierter. Das spüren die Menschen.“ Den zweiten guten Rat; nämlich über den Tellerrand zu schauen, nach Jobs Ausschau zu halten, von denen ich eigentlich nicht erwarte, dass sie nach meiner Ausbildung verlangen, bedenke ich und werde ihn mit Sicherheit irgendwann beherzigen. Er leuchtet mir absolut ein und ich halte Ausschau, aber bis ich mich wirklich darauf konzentriere, visualisiere ich erstmal noch meine Träume!
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Montag, 22. März 2010
Glaube, Liebe, Hoffnung? Über arbeitsweltliche Tugenden
nale, 15:05h
Ich habe mich gefragt: Woran sollen junge Menschen heute glauben? Unser Weltbild ist ein Zusammenspiel aus verschiedenen Faktoren, wir haben gelernt: Das eigene Wertesystem wird vorwiegend durch Erziehung und das soziale Umfeld geprägt, wobei wohl nicht ganz unwichtig ist, wie sich die Welt drumherum insgesamt entwickelt und in was für einer Zeit und Gesellschaft wir leben.
Aus deutscher Perspektive könnte das Szenario folgendermaßen aussehen: Während unserer Kindheit ist auf hiesigem Territorium ein politisches System zusammengebrochen; wir wurden erzogen von Generationen, die in ihren politischen Ansichten und Positionen teilweise strauchelten. Wir erleben den Einfluss der Weltwirtschaftskrise, die inzwischen jeden Winkel der eigenen Lebenswelt zu erreichen scheint. Die katholische Kirche vertritt nach wie vor rückständige, intolerante Ansichten zu weltlichen Themen wie Aids und Sexualität und gerät durch die wachsende Zahl von aufgedeckten Missbrauchsfällen mehr und mehr in die Kritik. Und die zunehmende Bedrohung Terrorismus hat eine neue Form des Krieges hervorgebracht, einen Krieg, der jederzeit und überall ausbrechen kann.
Das ist die Welt in der wir leben, in der wir unseren Platz finden müssen. Und da es zuweilen schwerfällt, sein Vertrauen in Politik, Ökonomie, Religion und Frieden zu setzen, wäre die Konsequenz ein gesunder Glaube an die eigenen Fähigkeiten. Glaube an, Liebe und Hoffnung für das Selbst.
Aus deutscher Perspektive könnte das Szenario folgendermaßen aussehen: Während unserer Kindheit ist auf hiesigem Territorium ein politisches System zusammengebrochen; wir wurden erzogen von Generationen, die in ihren politischen Ansichten und Positionen teilweise strauchelten. Wir erleben den Einfluss der Weltwirtschaftskrise, die inzwischen jeden Winkel der eigenen Lebenswelt zu erreichen scheint. Die katholische Kirche vertritt nach wie vor rückständige, intolerante Ansichten zu weltlichen Themen wie Aids und Sexualität und gerät durch die wachsende Zahl von aufgedeckten Missbrauchsfällen mehr und mehr in die Kritik. Und die zunehmende Bedrohung Terrorismus hat eine neue Form des Krieges hervorgebracht, einen Krieg, der jederzeit und überall ausbrechen kann.
Das ist die Welt in der wir leben, in der wir unseren Platz finden müssen. Und da es zuweilen schwerfällt, sein Vertrauen in Politik, Ökonomie, Religion und Frieden zu setzen, wäre die Konsequenz ein gesunder Glaube an die eigenen Fähigkeiten. Glaube an, Liebe und Hoffnung für das Selbst.
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Sonntag, 21. März 2010
Grenzen
nale, 07:55h
„Alles hat seine Grenzen.“ Das ist eigentlich eine ganz einfache und harmlose Aussage. Und doch besticht sie durch ihre Klarheit und ihren Wahrheitsgehalt. Ich hörte diesen Satz neulich von jemandem hinter mir im Zug und dachte noch im selben Augenblick: „Wie wahr, wie Recht der Mann hat!“ In Bezug auf *leerstelle** habe ich zwei verschiedene Sorten von Grenzen entdeckt:
Die internen, eigenen Grenzen werden auf der Suche nach der beruflichen Zukunft nur allzu bewusst. Die Arbeitslosigkeit ist eine Art Zustand. Man spürt, dass die Zeit seltsam zäh dahin fließt, lebt damit; hofft, dass der Zustand nur kurz andauert (überhört demotivierende Aussagen wie „Also 80, 90 Bewerbungen musst du in deiner Branche schon schreiben, bevor du was kriegst!“) und versucht, um Himmels willen nicht darüber nachzudenken.
Noch weniger als über das, was für einen selbst nicht stattfindet, wird man sich aber über die Prozesse klar, die sich außerhalb des eigenen Dunstkreises abspielen. Das Denken scheint sich Schranken zu bauen; wahrscheinlich weil man sich nicht unnötig quälen möchte. Zum Beispiel so: Während unsereins von Zeit zu Zeit damit beschäftigt ist, mit der Gegenwart zu hadern, investieren andere irgendwo Millionen, retten Menschenleben oder gehen ganz selbstverständlich ihrem ‚Business’ nach (Oder - ein schwacher Trost: Sie versuchen geschäftig zu tun, weil in der Leistungsgesellschaft niemand niemals nichts zu tun zu haben hat!). Das Sichtfeld verkleinert sich manchmal sogar derart, dass selbst die greifbaren Möglichkeiten in den toten Winkel der eigenen Perspektive rücken können.
Die externen Grenzen, die mir bei der Jobsuche begegnet sind, sehen folgendermaßen aus: Durch die Folgen der Wirtschaftskrise erleben gut ausgebildete, junge und motivierte Menschen bezüglich ihrer Bewerbungen herbe Rückschläge, die sich in einer unerwarteten Vielzahl von Absagen äußern. Wir stoßen damit täglich an die Grenzen des Arbeitsmarktes, ein Umstand, der Konsequenzen hat, die wir wiederum kompensieren lernen müssen.
Die internen, eigenen Grenzen werden auf der Suche nach der beruflichen Zukunft nur allzu bewusst. Die Arbeitslosigkeit ist eine Art Zustand. Man spürt, dass die Zeit seltsam zäh dahin fließt, lebt damit; hofft, dass der Zustand nur kurz andauert (überhört demotivierende Aussagen wie „Also 80, 90 Bewerbungen musst du in deiner Branche schon schreiben, bevor du was kriegst!“) und versucht, um Himmels willen nicht darüber nachzudenken.
Noch weniger als über das, was für einen selbst nicht stattfindet, wird man sich aber über die Prozesse klar, die sich außerhalb des eigenen Dunstkreises abspielen. Das Denken scheint sich Schranken zu bauen; wahrscheinlich weil man sich nicht unnötig quälen möchte. Zum Beispiel so: Während unsereins von Zeit zu Zeit damit beschäftigt ist, mit der Gegenwart zu hadern, investieren andere irgendwo Millionen, retten Menschenleben oder gehen ganz selbstverständlich ihrem ‚Business’ nach (Oder - ein schwacher Trost: Sie versuchen geschäftig zu tun, weil in der Leistungsgesellschaft niemand niemals nichts zu tun zu haben hat!). Das Sichtfeld verkleinert sich manchmal sogar derart, dass selbst die greifbaren Möglichkeiten in den toten Winkel der eigenen Perspektive rücken können.
Die externen Grenzen, die mir bei der Jobsuche begegnet sind, sehen folgendermaßen aus: Durch die Folgen der Wirtschaftskrise erleben gut ausgebildete, junge und motivierte Menschen bezüglich ihrer Bewerbungen herbe Rückschläge, die sich in einer unerwarteten Vielzahl von Absagen äußern. Wir stoßen damit täglich an die Grenzen des Arbeitsmarktes, ein Umstand, der Konsequenzen hat, die wir wiederum kompensieren lernen müssen.
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Sonntag, 7. März 2010
We'll take the world
nale, 15:05h
Mal was aufs Auge? Dieses Graffiti habe ich in Braunschweig gesehen. Es findet hier einen Platz, weil es, ironisch gelesen, ganz hervorragend zu dieser Seite passt! Außerdem ist das freundliche Gelb in düsterer Ecke mein Star der Woche!
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Freitag, 19. Februar 2010
Geld oder Liebe?
nale, 18:39h
Geld regiert die Welt. Schon klar, das ist jetzt keine Information mit Nachrichtenwert. Aber bisher dachte ich, das würde speziell dort gelten, wo besonders viel Geld vorhanden ist, so in etwa unter dem zugespitzten Leitgedanken „Die Reichen können alles machen, weil sie es sich einfach leisten können“. Natürlich wird auch umgekehrt ein Schuh aus dem bekannten Sprichwort, obwohl ich es bislang eher mit Reichtum als mit Armut in Verbindung gebracht hatte.
Geld regiert also auch den Teil der Welt, in dem es sich rar macht. Ein Beispiel passend zu *leerstelle** ist die momentane Diskussion darüber, welche Summe als Einkommen für den durchschnittlichen Arbeitslosengeld-II-Empfänger angebracht ist, eine Diskussion die offensichtlich ganz Deutschland erfasst hat. Jeden Tag findet das Thema auf mindestens einer Titelseite der Presse statt. „Was ist viel, was wenig?“ schreit es einem entgegen, ergänzt wird diese Fragestellung besonders gern um das kleine Wörtchen „zu“.
Die Antwort liegt dabei meines Erachtens nach immer auch in der Perspektive. Klar, ich finde grundsätzlich erst einmal, dass, ein Arbeitnehmer mehr Geld im Portemonnaie haben sollte, als jemand, der keinen Job hat. In Einzelfällen – diese werden in den Medien gerade rauf- und runterzitiert – kann es durchaus umgekehrt sein. Beim Arbeitnehmer staut sich verständlicherweise Frust auf, wenn er merkt, dass sich das Arbeiten „nicht mehr lohnt“.
Die Ungerechtigkeit liegt indes nicht nur auf Seiten des verarmenden Arbeitnehmers, auch dem Arbeitslosen widerfährt sie, wenn die Berichterstattung pauschalisierend behauptet, alle Arbeitssuchenden seien faul. Der Spiegel fragt diese Woche provokativ: „Warum soll sich ein Arbeitslosengeld-II-Empfänger dem oft deprimierenden Bewerbungs- oder Qualifizierungsmarathon stellen, wenn er mit einem Vollzeitjob genauso viel oder nur wenig mehr Geld verdienen würde wie mit Hartz IV?“ Ich habe darauf eine ganz simple Antwort: Weil er arbeiten möchte! Weil (die meisten) Menschen eine Aufgabe brauchen, um glücklich und erfüllt zu sein und nicht herumzudeprimieren!
Auf meiner Suche nach der beruflichen Erfüllung stelle ich mir die elementare Frage nach Geld oder Liebe. Soll ich mir lieber eine Stelle suchen, bei der ich mehr verdiene und die Tätigkeit weniger liebe oder umgekehrt? Oder kann man Geld und Liebe haben? Und habe ich überhaupt die Wahl? Geld oder Liebe, das ist auch die Frage, wenn man den ersten Job längst gefunden hat. Denn auch im Traumberuf gilt es von Zeit zu Zeit sicher Anfragen zu bearbeiten, mit denen man sich persönlich nicht identifizieren kann.
Aber kommen wir noch einmal zum lieben Geld. Ist der Arbeitslose darauf angewiesen – betrügt er also nicht – so ist er für die staatliche Sicherung seines Lebensunterhalts auf jeden Fall dankbar und versucht, so gut es geht, seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen. Aber im Gegensatz zum existierenden Vorurteil, ist die Hartz-IV-Antragstellung definitiv kein Spaziergang. Diese Problematik möchte ich gern an drei Beispielen verdeutlichen:
Wer ernsthaft Arbeit sucht, fühlt sich aus sich selbst heraus relativ bald nicht mehr wirklich gebraucht. Mit diesem mulmigen Gefühl erledigt der Jobsuchende seine „Behördengänge“, wobei sich im Büro des einen oder anderen Sachbearbeiters eine unangenehme Bittsteller-Machthaber-Atmosphäre aufbauen kann. Frei nach dem Motto „Ich kann alles, du bist nichts!“.
Zudem kann der vorwurfsvolle Tenor eines jeden Briefes dem Arbeitslosen an schlechten Tagen einen Kloß in den Hals oder sogar die Wut in den Bauch treiben (dabei hatte man sich fest vorgenommen, dass man da darübersteht).
Ein drittes Beispiel, das aufzeigt, wie sehr man manchmal in seiner Würde als Mensch ignoriert wird, ist die sogenannte Hotline. Hier rufe ich an, weil ich meine Sachbearbeiterin dringend sprechen möchte. Das Anliegen bringe ich dafür einem mir unbekannten Call-Center-Mitarbeiter vor (dessen Stimmlage geschult ist, um bei Bedarf Folgendes in den Telefonhörer zu transportieren: „Sie sind gesellschaftlicher Abfall“), um dann später von der oder dem (freundlichen!) Zuständigen zurückgerufen zu werden (was dem geknickten Ego für den Rest des Tages leider nicht mehr auf die Sprünge zu verhelfen vermag). In grauem Sarkasmus denke ich: Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn man direkt miteinander kommunizieren könnte...!
Selbst wenn ich hoffe und oft gesagt bekomme, dass ich mit den Vorwürfen und Anklagen aus Politik, Wirtschaft und Medien nicht gemeint bin, fühle ich mich manchmal wie die schmutzige Schaumkrone auf der Welle der Hartz-IV-Diskussion. Ich möchte mich nicht beschweren, denn es gibt wichtigere Themen und sehr viel größere Ungerechtigkeiten auf der Welt. Aber werben möchte ich, FÜR mich selbst und all die anderen, die mit Enthusiasmus beim „Bewerbungsmarathon“ antreten und GEGEN das Missverständnis, dass es keine arbeitswilligen Hartz-IV-Empfänger gibt. Ganz bald möchte ich laut ausrufen können „Arge, es ist aus – mein neuer Job gibt mir jetzt Geld und Liebe!“
Geld regiert also auch den Teil der Welt, in dem es sich rar macht. Ein Beispiel passend zu *leerstelle** ist die momentane Diskussion darüber, welche Summe als Einkommen für den durchschnittlichen Arbeitslosengeld-II-Empfänger angebracht ist, eine Diskussion die offensichtlich ganz Deutschland erfasst hat. Jeden Tag findet das Thema auf mindestens einer Titelseite der Presse statt. „Was ist viel, was wenig?“ schreit es einem entgegen, ergänzt wird diese Fragestellung besonders gern um das kleine Wörtchen „zu“.
Die Antwort liegt dabei meines Erachtens nach immer auch in der Perspektive. Klar, ich finde grundsätzlich erst einmal, dass, ein Arbeitnehmer mehr Geld im Portemonnaie haben sollte, als jemand, der keinen Job hat. In Einzelfällen – diese werden in den Medien gerade rauf- und runterzitiert – kann es durchaus umgekehrt sein. Beim Arbeitnehmer staut sich verständlicherweise Frust auf, wenn er merkt, dass sich das Arbeiten „nicht mehr lohnt“.
Die Ungerechtigkeit liegt indes nicht nur auf Seiten des verarmenden Arbeitnehmers, auch dem Arbeitslosen widerfährt sie, wenn die Berichterstattung pauschalisierend behauptet, alle Arbeitssuchenden seien faul. Der Spiegel fragt diese Woche provokativ: „Warum soll sich ein Arbeitslosengeld-II-Empfänger dem oft deprimierenden Bewerbungs- oder Qualifizierungsmarathon stellen, wenn er mit einem Vollzeitjob genauso viel oder nur wenig mehr Geld verdienen würde wie mit Hartz IV?“ Ich habe darauf eine ganz simple Antwort: Weil er arbeiten möchte! Weil (die meisten) Menschen eine Aufgabe brauchen, um glücklich und erfüllt zu sein und nicht herumzudeprimieren!
Auf meiner Suche nach der beruflichen Erfüllung stelle ich mir die elementare Frage nach Geld oder Liebe. Soll ich mir lieber eine Stelle suchen, bei der ich mehr verdiene und die Tätigkeit weniger liebe oder umgekehrt? Oder kann man Geld und Liebe haben? Und habe ich überhaupt die Wahl? Geld oder Liebe, das ist auch die Frage, wenn man den ersten Job längst gefunden hat. Denn auch im Traumberuf gilt es von Zeit zu Zeit sicher Anfragen zu bearbeiten, mit denen man sich persönlich nicht identifizieren kann.
Aber kommen wir noch einmal zum lieben Geld. Ist der Arbeitslose darauf angewiesen – betrügt er also nicht – so ist er für die staatliche Sicherung seines Lebensunterhalts auf jeden Fall dankbar und versucht, so gut es geht, seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen. Aber im Gegensatz zum existierenden Vorurteil, ist die Hartz-IV-Antragstellung definitiv kein Spaziergang. Diese Problematik möchte ich gern an drei Beispielen verdeutlichen:
Wer ernsthaft Arbeit sucht, fühlt sich aus sich selbst heraus relativ bald nicht mehr wirklich gebraucht. Mit diesem mulmigen Gefühl erledigt der Jobsuchende seine „Behördengänge“, wobei sich im Büro des einen oder anderen Sachbearbeiters eine unangenehme Bittsteller-Machthaber-Atmosphäre aufbauen kann. Frei nach dem Motto „Ich kann alles, du bist nichts!“.
Zudem kann der vorwurfsvolle Tenor eines jeden Briefes dem Arbeitslosen an schlechten Tagen einen Kloß in den Hals oder sogar die Wut in den Bauch treiben (dabei hatte man sich fest vorgenommen, dass man da darübersteht).
Ein drittes Beispiel, das aufzeigt, wie sehr man manchmal in seiner Würde als Mensch ignoriert wird, ist die sogenannte Hotline. Hier rufe ich an, weil ich meine Sachbearbeiterin dringend sprechen möchte. Das Anliegen bringe ich dafür einem mir unbekannten Call-Center-Mitarbeiter vor (dessen Stimmlage geschult ist, um bei Bedarf Folgendes in den Telefonhörer zu transportieren: „Sie sind gesellschaftlicher Abfall“), um dann später von der oder dem (freundlichen!) Zuständigen zurückgerufen zu werden (was dem geknickten Ego für den Rest des Tages leider nicht mehr auf die Sprünge zu verhelfen vermag). In grauem Sarkasmus denke ich: Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn man direkt miteinander kommunizieren könnte...!
Selbst wenn ich hoffe und oft gesagt bekomme, dass ich mit den Vorwürfen und Anklagen aus Politik, Wirtschaft und Medien nicht gemeint bin, fühle ich mich manchmal wie die schmutzige Schaumkrone auf der Welle der Hartz-IV-Diskussion. Ich möchte mich nicht beschweren, denn es gibt wichtigere Themen und sehr viel größere Ungerechtigkeiten auf der Welt. Aber werben möchte ich, FÜR mich selbst und all die anderen, die mit Enthusiasmus beim „Bewerbungsmarathon“ antreten und GEGEN das Missverständnis, dass es keine arbeitswilligen Hartz-IV-Empfänger gibt. Ganz bald möchte ich laut ausrufen können „Arge, es ist aus – mein neuer Job gibt mir jetzt Geld und Liebe!“
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Donnerstag, 11. Februar 2010
Stolz & Vorurteil... Oder: Wie die Suche nach dem ersten Job alle Prinzipien über Bord wirft
nale, 14:09h
Noch vor ein paar Monaten habe ich mir geschworen: „Ich mache nach meinem Abschluss auf keinen Fall mehr ein Praktikum! Damit ist Schluss, ich habe genug Praxis für einen Frischling. Ich darf mich nicht unter Wert verkaufen, ein bisschen Stolz muss einfach gewahrt bleiben.“ Das war ganz am Anfang, also kurz vor Ende des Studiums, da waren wir im Freundeskreis ganz sicher, dass es uns nicht so gehen wird wie den anderen, dass alles so weiterläuft wie bisher. „Krise, wir trotzen dir“ lautete der dominierende Satz in unseren Köpfen. Die meisten hatten bis dato fast alles erreicht und bekommen, was sie sich gewünscht hatten. Verdiente gute Noten, Auslandsaufenthalte, Stipendien, usw. Praktika, auf die ich mich bewarb – ein Luxus, den ich erst jetzt erkenne – waren meistens auch „meine“, es sei denn, es passte mal zeitlich nicht oder die Firma verhielt sich unprofessionell. Im Semester wurde studiert, in den Ferien kam die Praxis. Oder man hat alles gleichzeitig gemacht. Es gab einfach nie ein Problem. Jetzt, da die erste Lücke im Lebenslauf (Sie ist keine interne Krise wert, aber immerhin ist sie da.) beständig wächst, ändert sich auch die Einstellung.
Die erste Absage war ein Schock, ein zugegebenermaßen überwiegend unbekanntes und auch unangenehmes Gefühl. Dann flatterten noch ein paar mehr in den Briefkasten. Die Bedeutung großer Umschläge wurde klar, die Konsequenz: ein schiefes Gesicht, manchmal Tränen oder schlechte Laune; aber eben auch mal neue Energie. Die kleinen Couverts, das lernte ich schnell, waren meistens auch „nur“ Zwischenbescheide, die einem erklärten, die Konkurrenz sei groß und man müsse sich noch gedulden (bis zur Absage). Mit der unstrukturierten Zeit und der wachsenden Zahl an negativen Antwortschreiben wich der Schock der Frustration. Na ja, es gibt schöne Tage und miese. Aber grundsätzlich muss ich feststellen, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben mit gehäufter Ablehnung konfrontiert bin.
Infolge dieser Entwicklungen fängt die Gedankenmühle an, regelmäßig zu arbeiten – immer häufiger fragt der kleine Teufel auf der Schulter: Ist es nicht besser, einen Praktikumsplatz (auf einem ganz neuen Gebiet, versteht sich!) anzunehmen und die eigenen Kenntnisse zu erweitern als nur dazuhocken, Stellen zu suchen und zu warten?
Gut, aber dazu muss auch erstmal ein Angebot vorliegen, denke ich eben noch und dann ist sie da, diese Mail mit folgender Quintessenz: Wir sind sehr interessiert an Ihrer Bewerbung, aber wir sollten uns über ein Praktikum besser kennenlernen und Ihre Eignung prüfen. Plötzlich steht man am Scheideweg zwischen „Stolz und Vorurteil“ links und dem „Ich habe keine Prinzipien“-Weg, der nach rechts führt. Aber ist das auch der rechte Weg? Hier steht man und überlegt. Es geht um den Stolz, zu sagen, „Ich hatte mir das eigentlich anders vorgestellt. Mit einer angemessenen Vergütung zum Beispiel. Oder einem veritablen Arbeitsvertrag.“ Und es geht um das Vorurteil, das man heimlich Jenen gegenüber hegte, die sich zu schnell erweichen ließen und sich dann eben bewusst unter Wert verkauften, weil sie das Gefühl hatten, es gebe keinen besseren Weg. Aber wann genau ist objektiv gesehen „zu schnell“?
Als ich Stolz und Vorurteil quasi links liegen ließ und den anderen Weg eingeschlagen hatte, berichtete ich meiner Freundin davon, sie meinte: „Ich wusste, dass das passiert, es geht doch allen so. Nur hätte ich gedacht, dass es bei dir länger dauert, bis du weich und mürbe wirst!“ Tja, weit gefehlt. Was ich aus der neuen Situation gelernt habe: Am Ende sind es weder Stolz noch Vorurteil, die uns nach vorne bringen. Es ist das Losgehen, das sich für einen Weg entscheiden. Die Richtung ändern kann ich ja immer noch. Und so erweisen sich altkluge Weisheiten als wahr: Der Weg ist das Ziel.
Die erste Absage war ein Schock, ein zugegebenermaßen überwiegend unbekanntes und auch unangenehmes Gefühl. Dann flatterten noch ein paar mehr in den Briefkasten. Die Bedeutung großer Umschläge wurde klar, die Konsequenz: ein schiefes Gesicht, manchmal Tränen oder schlechte Laune; aber eben auch mal neue Energie. Die kleinen Couverts, das lernte ich schnell, waren meistens auch „nur“ Zwischenbescheide, die einem erklärten, die Konkurrenz sei groß und man müsse sich noch gedulden (bis zur Absage). Mit der unstrukturierten Zeit und der wachsenden Zahl an negativen Antwortschreiben wich der Schock der Frustration. Na ja, es gibt schöne Tage und miese. Aber grundsätzlich muss ich feststellen, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben mit gehäufter Ablehnung konfrontiert bin.
Infolge dieser Entwicklungen fängt die Gedankenmühle an, regelmäßig zu arbeiten – immer häufiger fragt der kleine Teufel auf der Schulter: Ist es nicht besser, einen Praktikumsplatz (auf einem ganz neuen Gebiet, versteht sich!) anzunehmen und die eigenen Kenntnisse zu erweitern als nur dazuhocken, Stellen zu suchen und zu warten?
Gut, aber dazu muss auch erstmal ein Angebot vorliegen, denke ich eben noch und dann ist sie da, diese Mail mit folgender Quintessenz: Wir sind sehr interessiert an Ihrer Bewerbung, aber wir sollten uns über ein Praktikum besser kennenlernen und Ihre Eignung prüfen. Plötzlich steht man am Scheideweg zwischen „Stolz und Vorurteil“ links und dem „Ich habe keine Prinzipien“-Weg, der nach rechts führt. Aber ist das auch der rechte Weg? Hier steht man und überlegt. Es geht um den Stolz, zu sagen, „Ich hatte mir das eigentlich anders vorgestellt. Mit einer angemessenen Vergütung zum Beispiel. Oder einem veritablen Arbeitsvertrag.“ Und es geht um das Vorurteil, das man heimlich Jenen gegenüber hegte, die sich zu schnell erweichen ließen und sich dann eben bewusst unter Wert verkauften, weil sie das Gefühl hatten, es gebe keinen besseren Weg. Aber wann genau ist objektiv gesehen „zu schnell“?
Als ich Stolz und Vorurteil quasi links liegen ließ und den anderen Weg eingeschlagen hatte, berichtete ich meiner Freundin davon, sie meinte: „Ich wusste, dass das passiert, es geht doch allen so. Nur hätte ich gedacht, dass es bei dir länger dauert, bis du weich und mürbe wirst!“ Tja, weit gefehlt. Was ich aus der neuen Situation gelernt habe: Am Ende sind es weder Stolz noch Vorurteil, die uns nach vorne bringen. Es ist das Losgehen, das sich für einen Weg entscheiden. Die Richtung ändern kann ich ja immer noch. Und so erweisen sich altkluge Weisheiten als wahr: Der Weg ist das Ziel.
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Sonntag, 7. Februar 2010
Hartz IV im (medialen) Alltag
nale, 22:55h
Es ist ja bekanntlich so, dass, wer von etwas „betroffen“ ist, die Umwelt viel gezielter beobachtet und Dinge wahrnimmt, die ihm vorher nie aufgefallen sind. Um ein simples aber anschauliches Beispiel zu nennen: Wer sich ein silbernes Auto kauft, wird fortan verwundert sein über die bis dato unbemerkte Vielzahl silberner Fahrzeuge im Straßenverkehr. Dieses Phänomen kennt sicher jeder von uns; es lässt sich auch auf das Thema von *leerstelle** beziehen: Seitdem ich mit der Materie Hartz IV in Berührung gekommen bin, habe ich den Eindruck, dass das Thema einfach „in aller Munde“ ist. Ob in der Zeitung, im Radio, Fernsehen oder Internet: Jeder hat – wie ich – seinen Senf dazuzugeben. Manchmal ist dieser Senf überaus humorvoll, z.B. wenn Florian Illies seinen persönlichen „Held der Agenda 2010“ kürt: http://www.zeit.de/2010/02/Gesellschaft-02.
Zu anderen medialen Gesprächsanlässen möchte man sich dennoch gern gepflegt an den Kopf fassen – z.B. wenn Frau Von der Leyen tatsächlich eine Umbenennung von Hartz IV in Erwägung zieht. Nicht dass ich besondere ökonomische Kenntnisse hätte, aber allein der verwaltungstechnische Kostenaufwand scheint mir unverantwortlich. Aber kommen wir zum interessanten Part dieser einzigartigen Idee: Vielerorts ist man seit Bekanntwerden auf der Suche nach einem neuen Namen für das Kind im Brunnen: „Leygabe“ fand ich wortspielerisch überaus kreativ, „Armutsbeschleunigungsgesetz (ABG I-IV)“ klingt auf jeden Fall schön administrativ, aber es kommen auch ziemlich abwertende Vorschläge wie „Sklavenfutter“ oder „Looserprämie“. An letzterem Fakt zeigt sich auch, dass das Problem nicht der Name, sondern die Sache ist. Es wäre wohl angebracht, sich mit dem krankenden Image des Arbeitslosen an sich auseinanderzusetzen anstatt nur die gesellschaftlichen Symptome zu bekämpfen.
Als Arbeitssuchende mit eher guter Perspektive (weil jung und Akademikerin) bin ich doch irritiert von den befremdlichen Reaktionen, die ein „Outing“ als Empfänger von Hartz IV hervorrufen kann. Dabei müsste doch den meisten Menschen angesichts der aus der Krise resultierenden wirtschaftlichen Lage bewusst sein, dass die Jobs nicht unbedingt im Dutzend vergeben werden. Anstatt es pragmatisch zu sehen, nach dem Motto „...von irgendwas musst du in der Überbrückungsphase ja leben!“ sind auch gute Bekannte regelrecht schockiert, wenn der Begriff Hartz IV fällt. Dem gemeinen Arbeitslosen hilft da nur noch der Versuch einer lässigen Umschreibung seiner misslichen Lage Marke „ich gönn mir grad eine Auszeit, um die Perspektiven zu checken“ oder etwas wie „ich hab zur Zeit ein paar Projekte und Ideen in der Mache, s’ist aber noch nichts spruchreif“. Was noch hilft: Echter Glaube an das eigene Potenzial!
Zu anderen medialen Gesprächsanlässen möchte man sich dennoch gern gepflegt an den Kopf fassen – z.B. wenn Frau Von der Leyen tatsächlich eine Umbenennung von Hartz IV in Erwägung zieht. Nicht dass ich besondere ökonomische Kenntnisse hätte, aber allein der verwaltungstechnische Kostenaufwand scheint mir unverantwortlich. Aber kommen wir zum interessanten Part dieser einzigartigen Idee: Vielerorts ist man seit Bekanntwerden auf der Suche nach einem neuen Namen für das Kind im Brunnen: „Leygabe“ fand ich wortspielerisch überaus kreativ, „Armutsbeschleunigungsgesetz (ABG I-IV)“ klingt auf jeden Fall schön administrativ, aber es kommen auch ziemlich abwertende Vorschläge wie „Sklavenfutter“ oder „Looserprämie“. An letzterem Fakt zeigt sich auch, dass das Problem nicht der Name, sondern die Sache ist. Es wäre wohl angebracht, sich mit dem krankenden Image des Arbeitslosen an sich auseinanderzusetzen anstatt nur die gesellschaftlichen Symptome zu bekämpfen.
Als Arbeitssuchende mit eher guter Perspektive (weil jung und Akademikerin) bin ich doch irritiert von den befremdlichen Reaktionen, die ein „Outing“ als Empfänger von Hartz IV hervorrufen kann. Dabei müsste doch den meisten Menschen angesichts der aus der Krise resultierenden wirtschaftlichen Lage bewusst sein, dass die Jobs nicht unbedingt im Dutzend vergeben werden. Anstatt es pragmatisch zu sehen, nach dem Motto „...von irgendwas musst du in der Überbrückungsphase ja leben!“ sind auch gute Bekannte regelrecht schockiert, wenn der Begriff Hartz IV fällt. Dem gemeinen Arbeitslosen hilft da nur noch der Versuch einer lässigen Umschreibung seiner misslichen Lage Marke „ich gönn mir grad eine Auszeit, um die Perspektiven zu checken“ oder etwas wie „ich hab zur Zeit ein paar Projekte und Ideen in der Mache, s’ist aber noch nichts spruchreif“. Was noch hilft: Echter Glaube an das eigene Potenzial!
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